GERMAN 291:  SURVEY OF GERMAN LITERATURE AND CULTURE


Epoche 2 - Mittelalter

Minnesang

Dietmar von Aist 


Tagelied: Dietmar von Aist: Slâfest du, friedel ziere?

1

,Slâfest du, friedel ziere?
man wecket uns leider schiere;
ein vogellîn so wol getân
daz ist der linden an daz zwî gegân.'

2

,Ich was vil sanfte entslâfen,
nu rüefestû, kint: "wâfen!"
liep âne léit mác niht sîn.
swaz dû gebiutest, daz leiste ich, mîn friundîn.'

3

Diu frouwe begunde weinen:
,du rîtest hínnen und lâst mich eine.
wenne wîlt du wider her zuo mir?
owê, du vüerest mîne fröide samt dir!'

1

»Schläfst du noch, mein schöner Geliebter?
Man weckt uns leider schon.
Ein Vöglein, so wunderschön,
das ist auf den Zweig der Linde geflogen.«

2

»Ich war so sanft eingeschlafen.
Nun rufst du, Kind: >Wach auf!<
Glück ohne Schmerz kann es nicht geben.
Was immer du mir aufträgst, das erfülle ich, liebe Freundin.«

3

Die Frau brach in Tränen aus.
»Du reitest fort und läßt mich allein.
Wann wirst du wieder zu mir kommen?
O weh! Du nimmst all mein Glück mit dir hinweg!«

 


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